Geht’s noch! Warum die konservative Wende für Frauen gefährlich ist.

Lisz Hirn über konservative Rollenbilder und wie wir diese aufbrechen könnten

Die Philosophin Lisz Hirn sprach in der Buchhandlung Motzko über die gesellschaftliche Emanzipation und die trügerische Wahlfreiheit von Frauen und Männern in Österreich.

2019 veröffentlichte die Wiener Philosophin und Publizistin Lisz Hirn ihr Buch „Geht’s noch! – Warum die konservative Wende für Frauen gefährlich ist.“ und zeigte darin auf, dass patriarchale Strukturen in der österreichischen Gesellschaft Frauen und Männer nach wie vor in konservative Rollen drängen. Mit der Stimme von sogenannten Biedermännern und Biederfrauen, angelehnt an Max Frischs Drama Biedermann und Brandstifter, führte sie darin ein lang bekanntes und bewährtes Weltbild vor: Frauen an den Herd, Kinder statt Karriere, Mutter statt Managerin.
Knapp 5 Jahre nach der Veröffentlichung, resümierte Lisz Hirn bei einer Veranstaltung des Katholischen Bildungswerk Salzburg in der Buchhandlung Motzko nachdenklich, dass sich diese Situation, mitunter aufgrund der Corona Pandemie, nicht verbessert, sondern im Gegenteil eher verschlechtert hat. Viele Frauen kehren heute, laut Hirn, freiwillig zurück zu alten Rollenbildern und akzeptieren die trügerische Wahlfreiheit zwischen Karriere und Familie. Sie nehmen die Rahmenbedingungen im Berufs- und Familienleben als gegeben und unverrückbar hin. Es sei wieder schick, (neo-) konservativ zu sein und das nicht erst seit der Türkis-Blauen Regierung, so Lisz Hirn.
Die engagierte Denkerin appellierte daran, nicht nur die Unterschiede von Mann und Frau zu beleuchten, sondern auch soziale Ungleichheiten zu adressieren, Menschrechte zu berücksichtigen und auch religiöse und kulturelle Minderheiten nicht zu vergessen. Es gehe nicht um ein gut oder böse, um gleich oder ungleich, sondern vielmehr darum, beide Seiten zu betrachten, die Emanzipation beider Geschlechter anzustreben.
Mittlerweile fänden sich auch viele Männer, die sich mit der klassischen Rolle des „Ernährers der Familie“ nicht mehr identifizieren können und die ökonomische Verantwortung nicht allein übernehmen wollen. Als einen möglichen Schritt rief Lisz Hirn dazu auf, Männer, die sich bereits für Frauenrechte einsetzen oder sich in der Care-Arbeit engagieren und für ein Aufbrechen der konservativen Haltungen stehen, zu unterstützen und deren Tätigkeiten vor den Vorhang zu holen. 
Lisz Hirn betonte, dass der Weg zu einer emanzipierten Gesellschaft ein langer und mühseliger ist, der nur durch kleine Veränderungen und Schritte vollzogen werden kann. Alle Menschen müssten dabei versuchen, konservative Gedankenmuster zu überwinden und zu erkennen, dass wir die Emanzipation noch nicht erreicht haben, sondern als Gesellschaft weiterhin an unserer Freiheit arbeiten müssen.


A. W., Mai 2023

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Dr. Lisz Hirn