Hat frühkindliche Bildung eine Berechtigung?

Bei der am vergangenen Wochenende vom Eltern-Kind-Zentrum Salzburg veranstalteten Fachtagung "KinderWelten - Wie Entwicklung heute gelingt" diskutierten die Vortragenden mit den TeilnehmerInnen wichtige Fragen der frühkindlichen Entwicklung. Hauptreferentin der Tagung war Heidi Simoni, die Leiterin des Marie Meierhofer-Institutes für das Kind in Zürich.

Die Entwicklungen eines Menschen in der frühen Kindheit sind grundlegend für sein ganzes Leben. Denn in dieser Zeit ist man besonders anfällig für negative Entwicklungen, aber auch die positiven Entwicklungen bieten Chancen. "Allerdings gibt es auch eine Relativierung, da Entwicklung ein Leben lang erfolgt", meint die Psychologin und Psychotherapeutin Heidi Simoni. "Aber frühe Erfahrungen legen die Basis. Sie prägen das gesamte Bild."

Ganz entscheidend ist die sozial-familiäre Herkunft eines Kindes, denn die Schul- und Gesundheitssysteme vermögen die Chancen-Unterschiede nicht auszugleichen. "Beim Schuleintritt werden also die Weichen für Bildung und Gesundheit gestellt", so Simoni. Ein weltweit einmaliges Beispiel zum Thema Chancengleichheit findet man in Finnland. Jedes Neugeborene in Finnland bekommt vom Staat ein großes Babypaket mit der notwendigen Grundausstattung für den Lebensbeginn, bei dem sogar die Schachtel als Bett für die ersten Wochen verwendet werden kann. Das Babypaket ist kombiniert mit Mutterschaftsgeld und der Betreuung in Gesundheitszentren. Der Staat möchte damit ein Zeichen der Chancengleichheit geben und jedem Kind die gleiche Ausgangsbasis verschaffen.

Ein Anliegen von Simoni ist, dass Elternberatung universell, nach dem Motto "Wir können uns grundsätzlich informieren" angenommen wird. Es sollte keine Konzentration auf "schwierige" Familien geben. Präventive Arbeit soll nicht nur Negatives verhindern, sondern auch das Positive fördern. Dabei ist es wichtig, dass Beratung und Therapie nicht stigmatisierend, sondern normal sind.

Auf die unter PädagogInnen umstrittenen Frage, ob Bildung im frühkindlichen Alter eine Berechtigung hat, antwortet Heidi Simoni: "Wenn man darunter nicht Schulbildung versteht ganz sicher." Es geht demnach darum einen Beitrag zu gelingender Entwicklung zu leisten, ohne dass ein Problem vorliegen muss. Denn: "Entscheidend ist nicht, ob man für oder gegen frühkindliche Bildung ist, denn Kinder bilden sich sowieso."


C.H., April 2011

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Dr. Heidi Simoni, Psychologin, Psychotherapeutin, Leiterin des Marie Meierhofer-Institutes für das Kind in Zürich