„Jesus war kein politischer Depp!"
Franz Alt über menschliche Kriege, Konflikte und Friedenshoffnungen
Der bekannte deutsche Journalist, Autor und bekennende Pazifist Franz Alt war zu Besuch in Salzburg.
„Eigenartig“, meinte Franz Alt. „Eigentlich befürwortet kein Mensch, dem ich je begegnet bin, den Krieg. Und dennoch sind Kriege Teil der menschlichen Realität seit jeher.“ Der bekannte deutsche Journalist und Autor, der vor genau vierzig Jahren mit seinem Buch „Friede ist möglich“ einen Klassiker der deutschen christlich-pazifistischen Literatur vorgelegt hatte, analysierte im Salzburger Kapitelsaal aktuelle Herausforderungen und Probleme. Sein eindringlicher Aufruf war deutlich: „Wer den Frieden will, muss nicht den Krieg vorbereiten, wie das ein lateinisches Sprichwort fordert. Wer Frieden will, muss Frieden vorbereiten!“
Wie dies im konkreten Fall der Ukraine oder der Klimakrise auf Basis der Botschaft Jesu möglich sein könnte, zeigte Franz Alt auf Basis der Bergpredigt: Echter Pazifismus habe nichts mit Naivität, Schulterzucken oder Lethargie zu tun. Auch heute nicht. „Vielmehr fordert uns schon Jesus auf, den Kreislauf von Gewalt, Gegengewalt und Macht zu durchbrechen.“ Jesu Botschaft sei zwar keinesfalls ein Parteiprogramm gewesen, dennoch enthalte die Bergpredigt aber zentrale Anstöße, die auch außerhalb von Religion und Spiritualität für das Zusammenleben der Menschen höchst relevant seien. Das Aufbrechen der Gegensätzlichkeit fordert, so Alt, von uns, dass wir immer wieder neu über Situationen und Zusammenhänge nachdenken. Wir würden vielmehr immer wieder dazu aufgerufen, jeweils neu für Frieden zu arbeiten. Dies gelte auch für aktuelle Konflikte: Nichts könne die Verbrechen entschuldigen, die an zahllosen Orten in der Welt geschehen. Ebenso wenig sollte man Putins Verhalten oder Patriarch Kyrills Rolle aus der Verantwortung lösen. Dennoch bliebe in der aktuellen Situation nichts anderes übrig, als in einer Form für Frieden zu arbeiten, die einerseits der Ukraine die Selbstverteidigung und Abwehr ermöglicht, auf der anderen Seite aber auch die Eskalationsspirale zu beenden vermag.
„Man hat“, so Franz Alt, der auch ein persönlicher Freund Michail Gorbatschows war sowie des Dalai Lamas ist, „schon viel zu viele Chancen auf Frieden verspielt.“ Diese würden immer weniger und geringer werden, solange man in einem Schwarz-Weiß-Denken bleibt.“ Hier könne am Ende nur Gewalt siegen. Als christlicher Pazifist für den Frieden einzutreten, bedeute aber auch, mit der Botschaft Jesu und in der Hoffnung auf die unvorhersehbare Kraft des Heiligen Geistes das scheinbar Unmögliche zu ersehnen und dafür zu arbeiten. „Wie etwa beim Fall des Eisernen Vorhangs die Spirale der Eskalation beendet wurde, so braucht es auch heute Visionen, wie man die Konflikte in Europa, der ganzen Welt, ja auch in Bezug auf die Klimakrise, der eigentlich ein Krieg gegen die Natur zugrunde liegt, überwinden könnte.“ Dafür benötige es eine Haltung, die den Problemen nicht aus dem Weg geht, sondern ihnen direkt begegnet, um an echten und dauerhaften Lösungen zu arbeiten. Die Bereitschaft, solche „unvorstellbaren“ Lösungen zu suchen, entspricht den Forderungen Jesu in der Bergpredigt: „Tut etwas. Ihr seid in der Lage etwas zu verändern!“
A. W., April 2023