Mit Geschichten gegen die Traurigkeit

Im Rahmen der Schwerpunktreihe "BildungsPrimetime: Jung & Alt - solidarisch & aktiv" fanden diese Woche im Oval im Europark zwei Veranstaltungen des Katholischen Bildungswerkes Salzburg statt.

"Geschichtenerzählen hilft gegen die Traurigkeit", sagt der Schriftsteller Walter Müller, der bisher bei 200 Verabschiedungen von Verstorbenen Trauerreden gehalten hat. Im Rahmen einer Lesung im Oval erzählte er, warum er sich dieser schweren Aufgabe widmet. "Mich interessieren die Menschen, die Abschied nehmen. Noch mehr aber die Verstorbenen", meint der Autor. Er will diesen Menschen gerecht werden und misst seine ganze Arbeit an dem Wort "Würde". Zehn bis zwölf Stunden dauert die Vorbereitung, in der er sich auch mit Angehörigen und Bekannten zu Gesprächen trifft, um möglichst viel über die Verstorbenen zu erfahren. Zudem schreibt Müller die Trauerreden mit demselben Anspruch wie seine Literatur. Das Vokabel "Trauerredner" findet er aber nicht so gut. So bezeichnet er sich selbst lieber als Menschenverabschieder, Lebensgeschichtenerzähler oder Abschiedsredner.

Wie man Menschen mit der Alzheimer-Krankheit wahrnehmen und integrieren kann möchte der Film "Ilse, wo bist du?", der bei der zweiten Veranstaltung im Oval gezeigt wurde, vermitteln. Die Regisseurin Ulrike Halmschlager hat ihre an Alzheimer erkrankte Mutter Ilse in den letzten fünf Jahren ihres Lebens mit der Kamera begleitet. In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum äußerte Halmschlager: "Es ist mir ein Bedürfnis zu sagen, dass Alzheimer keine Krankheit, sondern langsames Sterben und Loslassen zu Lebzeiten ist." Es komme demnach immer stark auf das Umfeld an, in dem sich der Betroffene befindet. Ulrike Halmschlager meinte auch, dass man es sich eingestehen darf, Angehörige in ein Altenheim zu geben, wenn man sich mit der Betreuung überfordert fühlt. 2011 gewann "Ilse, wo bist du?" den "Silbernen Delphin" in der Kategorie "Ethnology & Sociology" beim TV & Media Award in Cannes.


C.H., Nov. 2012

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Foto oben: Walter Müller, Schriftsteller, Trauerredner, Salzburg