"Mit Lebenswirklichkeiten beschäftigen"
Vor kurzem analysierte der Unternehmensberater und Autor Thomas von Mitschke-Collande in einem Vortrag für das Katholische Bildungswerk Salzburg die aktuellen Krisen- und Hoffnungsphänomene der Kirche und zeigte dabei auch notwendige Reformschritte auf. "Das Grundvertrauen ist in ein Grundmisstrauen gegenüber der Institution Katholische Kirche umgeschlagen", meint der Berater der deutschen Bischofskonferenz. "In Deutschland misstrauen 90 Prozent der Nicht-Katholiken der Katholischen Kirche, bei den Katholiken sind es 65 Prozent. In Österreich gestaltet sich die Situation ähnlich." Aus Sicht des Unternehmensberaters äußert Mitschke-Collande: "Wir haben kein Nachfrageproblem, sondern ein Angebotsproblem. Die Nachfrage nach Kirche ist da."
Es gehe nicht darum, sich dem Zeitgeist anzupassen. Man müsse sich aber mit dem Zeitgeist auseinandersetzen und eine Antwort im Sinne des Evangeliums geben. Ein glaubhafter Erneuerungsprozess setze nach Mitschke-Collande beim Selbstverständnis der Kirche an, führe über professionelle Kommunikation zu einer offenen Diskussionskultur und stärke nicht zuletzt den Glauben. Würde die Kirche erforderliche Reformschritte vollziehen und den Impulsen von Papst Franziskus folgen, dürfte sie wieder mit deutlich größerem Zuspruch rechnen. "Dieser Papst ist nicht liberal sondern radikal. Radikal in dem, was er will und was er sich auch von den Gläubigen erwartet", stellt das Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken fest.
Zur Überwindung der Kirchenkrise plädiert Mitschke-Collande für mehrere Stoßrichtungen, wie etwa einem neuen Selbstverständnis, in dem die Kirche den Menschen dient, zuhört und hilft: "Man muss sich mit Lebenswirklichkeiten beschäftigen und annehmen. Daher sollte nicht nur ein Idealbild der Familie propagiert werden, denn 40 Prozent der Kinder wachsen nicht in klassischen Familien auf." Man müsse auch die Sprache der Zeit und der Gläubigen sprechen. Es sollten auch bewusst die mittleren und unteren Bevölkerungsschichten als Hauptzielgruppe erkannt und ihrem Alltag angesprochen werden.
C.H., März 2014