Rebellion und Nächstenliebe

"Du bist mit einem Schild auf die Welt gekommen, auf dem Stand: 'Ich bin dafür, dass wir dagegen sind!'", bekam Doraja Eberle von ihrer Mutter oft erzählt. Diese Rebellion und Energie stellte sie bereits in jungen Jahren in den Dienst der Nächstenliebe und -hilfe. Auf sanftes Drängen der Mutter hin begann sie, sich im Sozialbereich zu engagieren und schloss, nach eher turbulenten Schuljahren mit neun Jahren Internat und drei Schulwechseln, auch die Ausbildung zur Sozialarbeiterin ab.

Zu Beginn der Jugoslawienkriege beschloss Doraja Eberle spontan, in das Kriegsgebiet zu fahren und zu helfen, ohne konkrete Vorstellung davon, was sie dort erwarten würde und wie Hilfe genau aussehen könnte. Erschüttert und bewegt von den Erlebnissen in Bosnien rief sie ein Projekt ins Leben, das den betroffenen Menschen unbürokratisch und direkt das geben sollte, was sie am meisten brauchten und sich am meisten wünschten: ein Dach über dem Kopf und die Möglichkeit, zuhause zu bleiben. Nach einem vorweihnachtlichen Spendenaufruf im Freundes- und Bekanntenkreis im Jahr 1992 waren es zuallererst die einheimischen Bauern, die Material, Geld und Zeit zur Verfügung stellten und somit kam das Hilfsprojektes "Bauern helfen Bauern" zu seinem Namen. In mehr als 20 Jahren wurden 1.163 Holzhäuser errichtet.

Doraja Eberle ist überzeugt davon, dass Helfen in Würde geschehen muss: "Geben soll man auf Knien - empfangen aufrecht stehend". Sie begründet diese Haltung mit einer Demut vor dem Glück, auf der Seite der Gebenden sein zu dürfen und nicht auf der Seite der Empfangenden sein zu müssen: "Jede Gabe, die wir bekommen, ist im Dienst des Nächsten. Das ist meine Art des Glaubens".

Ihre Zeit in der Salzburger Kommunal- und Landespolitik erlebte sie als herausfordernd und sieht die Erfolge in der Summe von kleinen Schritten, die Verbesserungen herbeiführten. Auf persönlicher Ebene bezeichnet sie als ihren größten Erfolg, "sieben Jahre lang menschlich, weiblich und fröhlich" geblieben zu sein.

In der dramatischen Flüchtlingssituation am Salzburger Hauptbahnhof und an der Grenze zu Freilassing ist Doraja Eberle gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen fast rund um die Uhr im Einsatz. Als sie erstmals von der Errichtung einer Zeltstadt in der Alpenstraße erfuhr, sagte sie zu ihrem Mann: "Ich fahr da mal schnell hin und sage 'Grüß Gott'". Woraufhin dieser meinte: "Dein 'Grüß Gott' hat immer Konsequenzen..." Klar war allerdings auch, dass sich Doraja Eberle nicht davon abhalten lassen würde, gesellschaftliche Missstände im Umgang mit Menschen aufzuzeigen und in deren Sinne aktiv zu werden.


C.K., Sept. 2015

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Doraja Eberle im Gespräch mit Andreas Gutenthaler (Direktor Katholisches Bildungswerk Salzburg)