Trennungswunden heilen

Bereits im alttestamentarischen Buch Kohelet heißt es: "Alles hat seine Stunde." Unter anderem gäbe es "eine Zeit zum Umarmen und eine Zeit, die Umarmung zu lösen". Der Psychotherapeut und Seelsorger Franz Schmatz ist überzeugt davon, dass dieses Zeitfenster manchmal auch für Beziehungen gelten kann, ohne dass ein Beenden derselbigen sofort als Scheitern verurteilt werden dürfte. Stehe der Entschluss fest, getrennte Wege zu gehen, sei es enorm wichtig, die Beziehung rechtzeitig würdevoll zu beenden und "das, was oft über Jahrzehnte hinweg an Schönem zwischen zwei Menschen gewachsen ist, nicht durch die Härte der Trennungssituation zunichte zu machen".

Aus seiner Tätigkeit in der Sterbebegleitung weiß Franz Schmatz, welch hohen Stellenwert der Faktor Beziehung bei Menschen am Ende ihres Lebens rückblickend einnimmt. Er hat allerdings die Erfahrung gemacht, dass es Menschen oft schwer fällt, in sich hineinzuhören und zu einer Klarheit über die eigenen Bedürfnisse und Lebensentwürfe zu gelangen. Schmatz will diese Ehrlichkeit und Selbstliebe auch nicht als Egoismus missverstanden wissen, sondern im Sinne von Treue zu sich selbst und als Grundvoraussetzung dafür, Beziehung "von der Mitte aus" selbstverantwortlich zu gestalten. Liebe kann nur geben, wer sie in sich trägt und auch für sich empfindet.

Ähnlich der Erfahrung nach einem Todesfall betrachtet der vielfache Autor auch eine Trennung als "Verwundungssituation", in der die Partner die Phasen des Schocks, der Gefühlsflut und der Bearbeitung durchlaufen, bevor es langsam zu einem neuen Lebensentwurf kommt. Die Betroffenen sehen sich vielfach mit Schuldzuweisungen und Geringschätzung konfrontiert. Die therapeutische und seelsorgerische Begleitung sieht Franz Schmatz in der Ermutigung der Betroffenen: "Der tiefste Akt der Liebe kann auch bedeuten, loszulassen."

Eine Veranstaltung des Katholischen Bildungswerkes Salzburg in Kooperation mit OVAL-Die Bühne im Europark


C.K., März 2016

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Foto: Univ.-Doz. Dr. Franz Schmatz