Tutsch-Bauer: "Ich nehme es nicht mit nach Hause"
"Erlebtes erzählt" heißt eine neue Veranstaltungsreihe des Katholischen Bildungswerkes Salzburg, die in Kooperation mit der Stadtbibliothek und dem Verlag Anton Pustet durchgeführt wird. In den kommenden Jahren erzählen bekannte Salzburger Persönlichkeiten, die viel erlebt und interessante Berufe haben, in der Panoramabar in der Stadtbibliothek aus ihrem Leben. Diese Erzählungen werden in den historischen Kontext gestellt und musikalisch umrahmt.
Die Gerichtsmedizinerin Edith Tutsch-Bauer war vor Kurzem die Erste, die im Gespräch mit Andreas Gutenthaler, dem Direktor des Katholischen Bildungswerkes Salzburg, spannende Einblicke in ihre Arbeit gab. Im Zentrum des Abends stand Kaprun. Der Historiker Gerhard Ammerer rief anhand von Bildern und historischen Fernsehberichten das Kraftwerk Kaprun als Symbol für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg in Erinnerung. Im Jahr 2000 ging Kaprun erneut in die Geschichte ein. Bei einem Seilbahnunglück kamen durch einen Brand 155 Menschen ums Leben. Auf die Frage, wie sie die Katastrophe heute empfindet, meint Tutsch-Bauer: "Es ist nach wie vor bedrückend, da es im gerichtsmedizinischen Bereich so etwas noch nie gegeben hat. Man musste aber organisieren und funktionieren." Tutsch-Bauer und ihr Team mussten damals schnell handeln - innerhalb von vier Tagen identifizierten sie die 155 Toten. Später im Büro, beim Ausstellen der Totenschaubefunde, ergaben sich die Verwandtschaftsverhältnisse der Opfer. "Da wurde uns klar, dass teilweise ganze Familien ausgelöscht wurden", schildert die Gerichtsmedizinerin.
Ihre Herangehensweise an die Klärung eines Todesfalls erfolge oft aus Sicht der Angehörigen, denn es sind Einzelschicksale. Die Todesursache zu klären sei wichtig, da oft Fragen bleiben, wenn keine Obduktion durchgeführt wird. Über den persönlichen Umgang mit ihrer oft schwierigen Tätigkeit sagt Edith Tutsch-Bauer: "Wir reden viel miteinander im Institut. Manchmal gibt es Bilder, die raufkommen, ich nehme es aber nicht mit nach Hause. Und auch wenn es vielleicht komisch klingt, wir feiern, wenn ein Mord geklärt wurde und wir dazu beigetragen haben."
C.H., Okt. 2014