Was war das "Lager Glasenbach"?

Bisher wenig bekannt ist die Tatsache, dass in Salzburg in den ersten beiden Nachkriegsjahren das größte Internierungslager Österreichs für Funktionsträger und Sympathisanten des NS-Regimes existierte. Die erste fundierte Publikation füllt nun eine Lücke in der österreichischen Zeitgeschichtsforschung. Co-Autor Oskar Dohle stellte Camp Marcus W. Orr - "Glasenbach" als Internierungslager nach 1945 im Katholischen Bildungswerk Salzburg vor.

Wenn vom "Lager Glasenbach" die Rede ist, so gibt es bis heute Begriffsverwirrungen. Dies rührt daher, dass ab 1939 in der heutigen Rainer-Kaserne in der Gemeinde Elsbethen ein Flüchtlingslager eingerichtet war, dass oft als "Lager Glasenbach" bezeichnet wurde. Das Internierungslager "Camp Marcus W. Orr", das ebenfalls oft "Lager Glasenbach" genannt wurde, lag jedoch nicht in Glasenbach, sondern in der Stadt Salzburg an der Alpenstraße im Bereich des Ginzkeyplatzes. In mehrjähriger Arbeit haben Oskar Dohle vom Salzburger Landesarchiv und Peter Eigelsberger vom Oberösterreichischen Landesarchiv die Geschichte des Lagers aufgearbeitet und in einem Buch zusammengefasst.

Wer in "Camp Marcus W. Orr" inhaftiert war, war nicht zwangsläufig Kriegsverbrecher. Die "Automatic-Arrest-Bestimmungen" der Alliierten sahen vor, dass nicht nur Funktionsträger niederer und mittlerer Ränge, sondern auch Sympathisanten des NS-Regimes, auch ohne NSDAP-Mitgliedschaft, inhaftiert werden. Anfangs diente das Lager als Wehrmachtsentlassungsstelle, wo ehemalige deutsche Soldaten auf ihre NS-Vergangenheit überprüft wurden. Bestand der Verdacht eines Kriegsverbrechens, erfolgte die sofortige Inhaftierung. Ab September 1945 verwendete die US-Armee das Gelände als reines Internierungslager. Da eine Personenkartei bis heute nicht gefunden wurde, musste auf Impflisten zurückgegriffen werden, um die Häftlingszahlen rekonstruieren zu können. Meist befanden sich zwischen 6000 und 8000 Inhaftierte im Lager, darunter auch 500 Frauen. Über die gesamte Zeit, bis zur Auflösung und Übergabe an die österreichischen Behörden im August 1947, waren etwa 30.000 Personen inhaftiert.

"Camp Marcus W. Orr war weder ein Sanatorium für Nazis, noch ein KZ", meint Co-Autor Dohle und will damit Klarheit schaffen, denn es gibt viele Irrtümer und Gerüchte was das "Lager Glasenbach" betrifft. Die letzten baulichen Überreste des Lagers bestehen aus einigen Hallen, die heute von verschiedenen Grundeigentümern gewerblich genutzt werden. In einer davon verkauft ein Möbelhaus im Sommer Gartenmöbel.

Beim Namensgeber Marcus Wayne Orr, handelte es sich um einen US-Soldaten der 42nd Rainbow Infantry Division, der bei Kampfhandlungen in Bayern schwer verletzt wurde und darauf auf den Rollstuhl angewiesen war. Nach dem Krieg studierte er Geschichte in Yale und wurde später Professor an der Memphis State University. Orr starb 1990 in Memphis, Tennessee.


C.H., März 2010

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Mag. Dr. Oskar Dohle MAS, Jg. 1968, Studium an den Universitäten Salzburg und Wien, seit 1997 Archivar und Historiker im Salzburger Landesarchiv, Verfasser lokal- und regionalgeschichtlicher Publikationen vornehmlich über Salzburg und Oberösterreich im 20. Jahrhundert, Mitglied des Instituts für österreichische Geschichtsforschung