Wer hat Angst vor Donald Trump

Die ehemalige Moderatorin und USA Korrespondentin des ORF, Hannelore Veit, war auf Einladung des Katholischen Bildungswerkes Salzburg und der Stadt:Bibliothek zu Gast in der TriBühne Lehen Salzburg. Dort stellte sie ihr neues Buch „Wer hat Angst vor Donald Trump“ vor und diskutierte im Gespräch mit Lektorin Bettina Stimeder aktuelle Einblicke und Aussichten für die amerikanische Politik.

Salzburg (Stadt). Nach dem erneuten Wahlsieg des Republikaners Donald Trump bei der US-Wahl am 5. November 2024 ist der Titel des Buches von Hannelore Veit „Wer hat Angst vor Donald Trump“ wohl aktueller denn je. Jetzt, wo Donald Trump beinahe täglich mit neuen Personalien aufhorchen lässt, blicken viele mit berechtigter Sorge in Richtung USA und auf die amerikanische Politik, so auch die mehr als 200 BesucherInnen am vergangenen Dienstag in der TriBühne Lehen.

Hannelore Veit hat selbst viele Jahre in den USA gelebt und bereits die erste Amtszeit Donald Trumps (2017–2021) als Leiterin des ORF-Büros in Washington begleitet. In ihrem Buch, das auf einer Reise durch die USA während der Vorwahlmonate 2024 entstanden ist, erfasst sie Stimmungsbilder der gesamten politischen Bandbreite. Sie sprach mit akademischen Eliten, gut situierten und erfolgreichen US-BürgerInnen, aber auch mit MAGMA-AnhängerInnen aus ländlichen Gemeinden und ging dabei primär der Frage nach „Wer wählt Donald Trump und warum?“.

Anhand der Gespräche mit UnterstützerInnen und KritikerInnen skizziert Veit ein klares Bild von Wählerinnen und Wählern, die Donald Trump vor allem deshalb unterstützten, weil er „Businessman“ und kein Politiker ist: „Weil Donald Trump sagt, was er denkt und vor dem politischen Establishment keinen Kniefall macht.“ Weil unter ihm die Wirtschaft wieder Aufschwung erfahren habe, weil er konservative Werte vertrete und an „Amerika first“ glaube – so der Befund Veits. Im Gegensatz zu Kamala Harris, welche die Ausgangslage, dass Sie als Frau mit ausländischen Wurzeln kandidierte, im Wahlkampf nicht zu ihren Gunsten nutzen konnte, sondern sich vor allem auf das Thema „Gefährdung des demokratischen Systems durch Donald Trump“ fokussierte, wählte Trump Themen, welche die Menschen unmittelbar betreffen: die wirtschaftliche Lage („it’s the economy, stupid“), Inflation, illegale Einwanderung, Energie-, Außen- und Verteidigungspolitik. So begründet Veit beispielsweise die Tatsache, dass Donald Trump mehr Wählerstimmen bei der Bevölkerungsgruppe der „Latinos“ gewinnen konnte damit, dass sich diese „Minderheit“ bereits als Amerikaner mit amerikanischen, konservativen Werten wahrnimmt, die Trump wiederum anspricht. Auch sie betrifft die Inflation, die wirtschaftliche Lage und die Angst vor illegalen Einwanderern, welche ihnen die Jobs wegnehmen könnten, unmittelbar. 

Kaum ein Politiker vermag es so sehr zu polarisieren wie Donald Trump und den Einfluss der Medien zu nutzen. Donald Trump geht es um Macht und die Inszenierung seiner Person, weniger wichtig ist ihm, was die Medien über ihn schreiben, als vielmehr, dass sie über ihn berichten. So titelte die New York Times am Montag, den 18. November „Donald Trump is already starting to fail“ – vorerst allerdings ein Wunschdenken, so Hannelore Veit, die Trump wesentlich besser vorbereitet auf seine zweite Präsidentschaftsperiode wahrnimmt, als er es bei seiner ersten Periode war.
Hannelore Veit beschreibt den zukünftigen US-Präsidenten als genialen Kommunikator, der es versteht die einfache Sprache der einfachen Menschen zu sprechen. Auf komplexe Fragen gibt Trump einfache Antworten. Er verkauft sich als einer von ihnen, als Amerikaner der aus der Mittelklasse kommt und gegen die Eliten wettert. Darüber hinaus hat er Humor und geht auf die Leute zu, man könnte sagen er hat „Schmäh“. Seine politische Seite ist allerdings eine gänzlich andere, er ist unangenehm, schnell beleidigt und versteht keine Kritik, so Veit.

Ihn als Autokraten und Gefährder der amerikanischen Demokratie zu beschreiben, geht für Hannelore Veit allerdings zu weit. Die amerikanische Demokratie fußt auf stabilen Grundpfeilern und verfügt über ausreichende „checks and balances“, die gegenseitigen Kontrollfunktionen zwischen Präsident, Kongress und Gerichten. So musste Trump während seiner ersten Periode bereits erleben, dass die Gerichte nicht alle seine Entscheidungen einfach durchgewunken haben.  Auch seine aktuellen Personalentscheidungen müssen erst vom Senat zugestimmt werden. Veit ist überzeugt, dass das amerikanische Demokratiesystem auch eine zweite Amtszeit Trumps aushalten wird. 

Was darf Europa und der Nahe Osten nun von Donald Trump erwartet? Hannelore Veit sagt, dass Trumps Haltung zum Ukraine-Krieg sehr unklar ist. Klar ist, dass dieser Krieg nicht gewonnen werden kann, weder von der Ukraine, noch von Russland. Trump sieht darin für sich aber durchaus die Möglichkeit als Vermittler aufzutreten und einen „Deal“ abzuschließen. Ganz generell hat die USA aber die Rolle des „Weltpolitzisten“ schon unter Barack Obama abgelegt. Nach den Kriegen in Afghanistan und im Irak ist die amerikanische Bevölkerung „kriegsmüde“. Die amerikanische Regierung wird Israel im Nahost-Konflikt weiter unterstützen, aber sich sehr gut davor hüten „boots on the grounds“ – also Bodentruppen einzusetzen, so Veit.

Vielmehr als militärische Auseinandersetzungen interessieren Donald Trump Handelskriege. Er hat bereits im Wahlkampf darüber gesprochen, Zölle für Importe aus der EU und besonders aus China einführen zu wollen und hat dies ja auch schon während seiner ersten Amtszeit gemacht, was von Joe Biden so beibehalten wurde. Nach Ansicht von Hannelore Veit ist die Sorge über einem wirtschaftlichen Konflikt daher wesentlich berechtigter.

Es bleibt also spannend, wie sich die zweite Amtszeit von Donald Trump entwickeln wird und welche Einflüsse er auf Europa und die Weltpolitik haben kann.

Eine Veranstaltung des Katholischen Bildungswerkes Salzburg in Kooperation mit der Stadt:Bibliothek.


K. A., November 2024

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Bild: Hannelore Veit