„Klimaschutz muss endlich in die Köpfe der Leute“

Deutliche Appelle zum Abschluss der 69. Internationalen Pädagogischen Werktagung

SALZBURG (eds-16. 7. 2021) / Ökosteuer her, Parkplätze weg: Bei der abschließenden Podiumsdiskussion in der Großen Aula der Universität Salzburg versammelten sich Impulsgeberinnen und Impulsgeber, die mit den rund 250 Werktagungs-Teilnehmenden darüber diskutierten, wie sich ein nachhaltiger Lebensstil tatsächlich gestalten lässt. Mit dabei waren die 15 Jahre alte Fridays-For-Future Aktivistin Lena Müller aus Seekirchen, Moraltheologe Michael Rosenberger, Spar-Pressesprecherin Nicole Berkmann und Thoma-Holz-Geschäftsführer Florian Thoma aus Goldegg. Moderator war SN-Journalist Thomas Hödlmoser. Thema der Tagung: „Nachhaltig leben lernen“.
 
„Solange Parkplätze in den Städten da sind, nutzen die Menschen sie auch. Sind sie weg, dann steigen die Leute um, auf Fahrräder oder Öffis“, sagt Lena Müller. Die junge Frau plädiert dafür, bei den Bürgerinnen und Bürgern das Bewusstsein für den Klimaschutz noch intensiver anzukurbeln und noch stärker auf die Politik einzuwirken. „Wenn nur ich auf mein Fahrrad steige, bringt das wenig Effekt. Wenn aber eine ganze Stadt radfreundlich wird, tut sich was“, argumentiert sie.
 
Für die Besteuerung von Klimaschädlichem plädiert Michael Rosenberger. „Was an Ökosteuer eingenommen wird, soll aber auch für soziale Zwecke ausgegeben werden, um Gerechtigkeit herzustellen“, fordert er.
 
Nicole Berkmann erklärte, dass Nachhaltigkeit auch einen guten Umgang mit Ressourcen bedeute. „Ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung – wie etwa in Italien – brauchen wir in Österreich nicht“, sagt sie. Warum? „Weil sowohl Spar als auch unsere Mitbewerber seit etlichen Jahren übrige Lebensmittel an Sozialorganisationen abgeben, und zwar flächendeckend im ganzen Land.“

Der Goldegger Florian Thoma zitierte Papst Franziskus, der festgestellt habe, dass alles auf der Welt miteinander verbunden sei. „Wenn wir das begreifen, dann kommt die Fürsorge für Mitmenschen und Umwelt von selbst“, so Thoma. Den Baustoff Holz bezeichnet er als „Geschenk des Waldes“ und die Kreislaufwirtschaft in der Baubranche als große Frage für die Zukunft.
 

Das ist das Tagungs-Thema zum Jubiläum

Die Bilanz nach der 69. Internationalen Pädagogischen Werktagung zog Andreas Gutenthaler, Direktor des Katholischen Bildungswerks Salzburg: „Wir sind überglücklich, dass diese Tage hier live mit unseren rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem deutschsprachigen Raum stattfinden konnten“, sagt er. In einem „normalen“, also einem „Nicht-Corona-Jahr“, sind rund 500 Pädagoginnen und Pädagogen mit dabei.
 
Auch das Thema für das 70-Jahre-Jubiläum 2022 verrät Gutenthaler: „Es wird um das Spielen gehen.“
 
Mit „Inputs für eine spirituell-ökologische Lebenshaltung“ des Sozialpädagogen und Priors des Europaklosters Gut Aich, P. Johannes Pausch, ging die 69. Internationale Pädagogische Werktagung Freitagmittag zu Ende.
 

Verzicht für mehr Nachhaltigkeit?

Zuvor sprach der Linzer Moraltheologe und Umweltreferent Michael Rosenberger „von Mühen und Glück des Verzichts“ und „Suffizienz als Schlüssel zur Nachhaltigkeit“.

Die bisherige Umweltpolitik der meisten Demokratien erschöpfe sich weitgehend in Verordnungen und Subventionen, so  Rosenberger. Alternativ stünde neben der Mengenlösung des Emissionshandels als zweites Instrument die sogenannte Abgabenlösung zur Verfügung, also eine Ökosoziale Steuerreform. „Theologisch-ethisch gesehen geht es dabei erstens um eine Wertentscheidung: Der spirituelle Wert der Schöpfung als Leih-Gabe des Schöpfers an seine Geschöpfe muss im System der Ökonomie in Geldwerte übersetzt werden. Denn was dort nichts kostet, ist nichts wert. Und zweitens muss der Gewissensappell der Ethik durch die ökonomischen Belohnungs- und Bestrafungssysteme gestützt statt konterkariert werden. Es wäre eine hoffnungslose Überforderung, aus ethischen Gründen von den Menschen ein Handeln zu verlangen, das ökonomisch bestraft wird“, erläutert der Moraltheologe.
 
Schließlich plädierte Rosenberger für Verzicht und Genügsamkeit, die „nachhaltiges Glück“ ermöglichen, denn eine rein extrinsische Motivation über das Geld ist auf Dauer genau so wenig nachhaltig wie eine rein intrinsische Motivation über die Faszination an und Liebe zur Schöpfung. Rosenberger bezog sich auf die Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus. Dieser spreche meist von „Genügsamkeit“. Das sei „ein Gedanke, der der modernen Leistungsgesellschaft diametral entgegengesetzt ist“, so Rosenberger. Abschließend betonte der Experte: „Wenn wir den Verzicht als Glück erfahren wollen, müssen wir uns von diesem arroganten und zerstörerischen Denken verabschieden, nur das Beste, also die Note ‚sehr gut‘  sei genügend. ‚Genügend‘ ist genug – es reicht zum Glück des Lebens vollkommen aus.“
 

Über die Internationale Pädagogische Werktagung

„Nachhaltig leben lernen“ war das Thema der diesjährigen 69. Internationalen Pädagogischen Werktagung, einer der wichtigsten pädagogischen Fachtagungen im deutschsprachigen Raum. Sie fand vom 14. bis 16. Juli statt. Nach der coronabedingten Verschiebung war es eine der ersten Präsenzveranstaltungen in der Salzburger Altstadt.
 
Organisiert wird die jährliche Tagung vom Katholischen Bildungswerk Salzburg, welches die Tagung in Kooperation mit der Caritas Österreich und der Universität Salzburg veranstaltet.
 


Foto: Am Werktagungs-Podium (v. l.): Florian Thoma (Thoma Holz), Lena Müller (Fridays For Future), Michael Rosenberger, Nicole Berkmann (Spar), Katholisches-Bildungswerk-Direktor Andreas Gutenthaler und Moderator Thomas Hödlmoser (SN).
Bildquelle: Erzdiözese Salzburg (eds)